Die Wilhelmshavener Grünen haben am 14. November zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen. Zu Gast war Stefan Schwanke, Projektleiter Regionalmanagement mit Verantwortung für die Koordinierung der 157 Millionen Euro schweren Strukturhilfen, die für die Region Wilhelmshaven-Friesland von der Bundesregierung als Kompensation für den Kohleausstieg zur Verfügung gestellt werden.
Die Besucherinnen und Besucher konnten im lockeren Gespräch Fragen stellen und merkten schnell, dass viele unklare und widersprüchliche Informationen rund um die Strukturhilfen im Umlauf sind. Stefan Schwanke konnte vieles klarstellen.
Die wichtigsten Details: Die Gelder dürfen für Projekte von der Stadt Wilhelmshaven, den Gemeinden Sande, Schortens und Wangerland sowie dem Landkreis Friesland beantragt werden. Es ist nicht vorgeschrieben, wie die Gelder zwischen diesen Kommunen aufgeteilt werden müssen. Jedes Vorhaben benötigt die Zustimmung vom sog. „Lenkungsausschuss Strukturwandel Kohleausstieg“ sowie des Rates in Wilhelmshaven und des Friesischen Kreistages. Auch ein „Runder Tisch“ aus Experten, sowie Vertretern der zuständigen Landesministerien und der Sozialpartner muss die Vorhaben final absegnen, um die Anträge stellen zu dürfen.
Bis Ende 2026 können 56 Millionen Euro für Investitionsprojekte ausgegeben werden, weitere sechs Millionen Euro stehen für nicht-investive Vorhaben (STARK-Programm) zur Verfügung. In den weiteren Förderperioden 2027 bis 2032 und 2033 bis 2038 stehen weitere ca. 100 Millionen Euro bereit. Aber wer darf Gelder erhalten?
v.l.: Alex von Fintel, Cathrin Ramelow & Karsten Schwanke
„Nur die erwähnten Kommunen und juristische Personen, die anerkannt steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, dürfen gefördert werden“, sagte Schwanke. „Einzelbetriebliche Förderung ist mit den Strukturhilfen nicht möglich. Es müssen stattdessen Projekte sein, die das Investieren, Arbeiten und Leben in Wilhelmshaven attraktiver machen.“
Zu den Zielen und somit auch zu den Prüfkriterien von Vorhaben gehören die Schaffung und der Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen, die Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur, die Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts im Fördergebiet sowie die Vereinbarkeit mit den Zielen der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.
Stefan Schwanke ist erst seit Juli des Jahres als Regionalmanager tätig. Er hat den Prozess der Strategieentwicklung gestartet. „Es geht um ein attraktives Zukunftsbild für die Region, nicht um einen Plan für das Verausgaben der 157 Millionen Euro“, sagt Schwanke. In den Strategieprozess werden Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Sozialpartner einbezogen. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Bürgerbeteiligung, die ab Frühjahr 2024 stattfindet. Deren Lösungsvorschläge werden vom Regionalmanagement in den politischen Entscheidungsprozess eingebracht. In etwa einem Jahr soll die Strategie fertig sein und beschlossen werden.
„Jede noch so gute Idee muss gegen die Förderbedingungen geprüft werden. Auch der zu erbringende Eigenanteil von mindestens 10% der veranschlagten Projektkosten, die Bereitstellung von personellen Ressourcen und auch Vorlaufzeiten z.B. für Planung, Antragstellung und Ausschreibung haben dazu geführt, dass bislang nur wenige Projekte sichtbar sind“, erklärte Schwanke.
So mussten auch einige Ideen und Wünsche aus dem Publikum leider verworfen werden. Aber Schwanke berichtete, dass dem Regionalmanagement bereits über 20 Ideen vorliegen, die grundsätzlich förderfähig sind. Diese Ideen decken ein breites Spektrum der neun Förderbereiche ab, die in der Richtlinie genannt sind. „Die Aktivitäten rund um Projektvorschläge nehmen qualitativ und quantitativ merklich zu. Es ist damit zu rechnen, dass wir in naher Zukunft mehr über interessante Projekte berichten können“, so Schwanke.
Aus Sicht der Grünen geht einiges zu langsam. „Die 157 Millionen Euro für Wilhelmshaven und Friesland sowie die wichtigsten Förderbedingungen stehen spätestens seit August 2020 fest. Schon dann wurde das sogenannte Investitionsgesetz für Kohleregionen im Bundestag beschlossen. Damit das Geld wirklich etwas bewirkt, ist eine gut durchdachte Strategie eine Selbstverständlichkeit. Wieso man erst jetzt mit der Strategieentwicklung anfängt, verstehen wir nicht“, sagt Alex von Fintel, Vorstandssprecher der Wilhelmshaven Grünen.
Dass eine Strategie kommt, ist allerdings zu begrüßen. „Diese Strukturhilfen sind eine einmalige Chance, Wilhelmshaven voranzubringen“, findet die Grüne Vorstandssprecherin, Cathrin Ramelow. „Wir haben schon in unserem Wahlprogramm gefordert, dass man die Bürgerinnen und Bürger einbezieht. Wir haben in den Bereichen Tourismus und Klimaanpassung Vorschläge gemacht, die langfristige Vorteile für unsere Stadt bringen und keine zusätzlichen Belastungen für den laufenden Haushalt zur Folge haben würden. Eitelkeitsprojekte wie eine Stadthalle, die auch nach dem Bau jedes Jahr hohe Kosten verursachen würden, sehen wir nach wie vor kritisch.“